Abbildung: Nahaufnahme von Dolly (ausgestopft)
Bildnachweis: T.Barros/Wikimedia
Name: 6LL3, genannt "Dolly"
Berühmt, weil: erster Säugetier-Klon aus einer adulten Zelle
Derzeitiger Aufenthaltsort: National Museum of Scotland, ausgestopft
Von Geburt an war dieses Schaf ein Star. Am 5. Juli 1996 kam Dolly zur Welt, wie Lämmer eben geboren werden. Geschaffen aber wurde sie fünf Monate zuvor in einem Reagenzglas als Probe 6LL3. Sie entwickelte sich aus dem Erbgut einer Körperzelle, nicht aus einer befruchteten Eizelle. Damit war Dolly die erste Kopie eines erwachsenen Schafs. Und die Aufregung groß. (...)
Die Chancen der Klontechnik waren überschätzt
Befürworter der Technik erhofften sich vom Klonen Heilmethoden für Krankheiten wie Krebs oder Alzheimer. Skeptiker hingegen warnten vor einer Horrortechnik, mit der eines Tages geklonte Menschen in die Serienproduktion gehen könnten. Heute steht fest: Die Chancen und Risiken der Technik waren deutlich überschätzt. (...)
Kurz zusammengefasst lässt sich die Methode des Zellkerntransfers so beschreiben: Die Forscher nahmen eine Oozyte, eine unbefruchtete Eizelle, und entfernten die Chromosomen. Dann nahmen sie eine komplette Zelle, die sowohl männliche als auch weibliche Chromosomen enthielt. Anschließend verschmolzen sie diese Zelle mit der entkernten, regten das Wachstum an - und pflanzten sie in eine Leihmutter. (...)
Insgesamt 277 Zellkerne eines Finn-Dorset-Schafs wollen die Forscher in die Eizellen eines Scottish Blackface transferiert haben. Nur 29 der entstandenen Embryonen pflanzten sie in die Leihmutter. Die Erwartungen seien gering gewesen, berichtet Nature: Es schien nahezu unmöglich, dass sich der Zellkern einer erwachsenen Zelle so reprogrammieren lässt, dass ein lebendiges Tier daraus wächst. Die meisten geklonten Embryonen starben ab, viele noch ehe die Forscher eine Schwangerschaft mit Ultraschall bestätigen konnten. In Dollys Fall aber ging alles gut. Gegen 16:30 Uhr am 5. Juli 1996 setzen bei der Leihmutter die Wehen ein. Eine halbe Stunde nach der Geburt stand das Doppelgänger-Schaf erstmals auf. (...)
Die Technik hat sich seit damals kaum weiterentwickelt. Denn zumeist war sie unnütz. So gelten in der regenerativen Medizin andere Methoden als vielversprechender; als menschliche Fortpflanzungstechnik ist das Klonen weltweit tabu - und bei Tieren ist die Erfolgsrate eher gering. Zudem scheinen Klone anfällig zu sein: Dolly starb mit nur sechs Jahren an einer unheilbaren Lungenkrankheit, die sonst nur bei älteren Tieren auftritt.
Klonen ist für die Massenproduktion zu kostspielig
Allein zur Vervielfältigung preisgekrönter Zuchttiere hat sich die Klontechnik durchgesetzt. Da die Massenproduktion geklonter Tiere zu teuer und aufwändig wäre, setzt die Industrie eher auf das Klonen von Tieren mit außerordentlichen Genen, die dann für genetisch hochwertigen Nachwuchs sorgen sollen. Während in der EU das Klonen in der Landwirtschaft an strikte Zulassungsregeln gebunden ist und daher nicht praktiziert wird, nutzen Unternehmen es in anderen Ländern. Besonders groß ist das Interesse in den USA, deren Zulassungsbehörde FDA schon 2009 befand, der Genuss geklonter Nutztiere sei absolut sicher. Eine Kennzeichnungspflicht für Fleisch oder Milch, die von geklonten Tieren stammen, gibt es dort nicht. Kritiker fürchten seitdem, manche Produkte könnten unerkannt auch auf dem europäischen Markt landen.
Im vergangenen Jahr schließlich verlangte das Europa-Parlament ein weitreichendes Klonverbot. Es soll nicht nur für geklonte Tiere selbst gelten, sondern auch für deren Nachkommen. Verboten werden soll auch der Import von Produkten von Klonen wie etwa Milch sowie von Sperma und Eizellen geklonter Zuchttiere. Ein Votum des Ministerrats steht noch aus, dieser konnte sich noch nicht zu einer einheitlichen Position durchringen. Entscheiden müssen dann Parlament und Ministerrat gemeinsam. 20 Jahre nach Dollys Geburt. Herzlichen Glückwunsch.
Gekürzte Fassung eines Artikels aus: ZEIT ONLINE, dpa: 5. Juli 2016, 15:15 Uhr